Schlussbericht zum Rangfolge-Wahlverfahren
«Ranked Choice» bezeichnet das Rangfolge-Wahlverfahren. Wahlberechtigte können bei dieser Methode die Kandidierenden in ihrer gewünschten Reihenfolge auflisten und ihre Stimmen gehen bei einer Nicht-Wahl der Erstgewählten auf die nächste Person über. Dadurch können weitere Wahlgänge verhindert werden. Nun liegen die Ergebnisse zu unserem Testprojekt vor.
In der Schweiz gilt bei Wahlen das Mehrheitswahlrecht und als Wähler:in muss man sich für eine kandidierende Person entscheiden. Wird sie nicht gewählt, ist die Stimme verloren. Dieses Verfahren führt zu einer verzerrten Abbildung der politischen Präferenzen, weil man als Wähler:in oft mit dem Dilemma konfrontiert wird, dass die bevorzugten Kandidierenden nur geringe Wahlchancen haben, während Kandidierende, die inhaltlich für sie eher die zweite Wahl darstellen, über deutlich bessere Wahlaussichten verfügen. Man steht somit vor der Frage, ob man gemäss eigener Präferenzen oder gemäss strategischen Überlegungen wählen soll.
Das Ranked-Choice-Verfahren bietet dazu eine Alternative, die sich in angelsächsischen Ländern seit Jahrzehnten bewährt hat. Das Verfahren hat zwei Vorteile: Die Wähler:innen können sämtliche für sie wählbaren Kandidierenden auf dem Wahlzettel in eine präferierte Rangreihenfolge bringen, ohne dass sie das Risiko eingehen, ihre Stimme zu verschenken. Zudem entfällt die Organisation eines zweiten Wahlgangs, da alle Sitze in einem Durchgang besetzt werden können.
Wir wollten wissen: Wie beurteilen Wähler:innen die neue Wahlmöglichkeit und führt das neue Verfahren sogar zu einer Veränderung der Wahlentscheidung?
Die Möglichkeit eines anderen Wahlresultats konnten wir im Rahmen dieses Testdurchlaufs nicht feststellen. Es zeigte sich aber, dass ein grosser Teil der Befragten zumindest ab und zu Schwierigkeiten haben, bei einer Wahl einen klaren Entscheid zu treffen. Rund 20% haben deshalb schon auf die Wahlteilnahme verzichtet, davon rund ein Viertel wegen unpassender Kandidierenden oder weil sie sich nicht für eine Person entscheiden konnten.
Das neue Verfahren findet so auch mehrheitlich Anklang. Vor allem hat unsere Befragung gezeigt, dass das Rangfolge-Wahlverfahren diejenigen zu einer verstärkten Beteiligung motivieren kann, die heute nicht oder nur unregelmässig an Wahlen teilnehmen.
Aufgrund der positiven Haltung – gerade auch von Gruppen, die eher wenig an Wahlen teilnehmen oder die sich vor dem Wahlentscheid häufig unentschlossen zeigen – lohnt es sich, die mögliche Einführung des RCV-Verfahrens weiterhin ins Auge zu fassen.
Die vorliegenden Ergebnisse sind das Resultat der Befragung, die wir im Rahmen der real stattfindenden Ständerratswahlen im Herbst 2023 durchgeführt haben.
Im Oktober 2024 werden wir eine zweite Befragung zum Ranked-Choice-Wahlverfahren durchführen. Im Gegensatz zu den letztjährigen Ständeratswahlen bieten die kommende Grossrats- und Regierungsratswahl eine breitere Auswahl an Kandidierenden, was die Aussagekraft der Ergebnisse nochmals steigert.